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Winternacht

Der Mond ist aufgegangen,

Die goldnen Sternlein prangen

Am Himmel hell und klar;

Der Wald steht schwarz und schweiget,

Und aus den Wiesen steiget

Der weiße Nebel wunderbar.


Wie ist die Welt so stille,

Und in der Dämmrung Hülle

So traulich und so hold!

Als eine stille Kammer,

Wo ihr des Tages Jammer

Verschlafen und vergessen sollt.

Das Abendlied von Matthias Claudius, veranlasste den ersten Käufer dieses Bildes zu seiner Entscheidung – es war dessen Lieblingsgedicht, welches ihm durch die in geheimnisvoller Stille ruhende nächtliche Szene unwillkürlich vor Augen gerufen wurde. Auch Werner Berg standen diese Zeilen lebenslang besonders nahe. Viele seiner bedeutendsten Landschaftsdarstellungen haben den aufgehenden Mond zum Motiv: „Die Nacht liegt mir besonders, der Klang der Nacht, das Dunkle.“

Das Bild ist ein Hauptwerk im Œuvre des 1904 in Elberfeld geborenen Malers. 1936 gelangte es auf Vermittlung des Leiters der Kunsthalle Bielefeld, Dr. Heinrich Becker, in eine Bielefelder Privatsammlung. Becker hatte damals im kleinen privaten Kreis noch eine hervorragende Auswahl von Bergs Bildern vertrauten Sammlerfreunden präsentieren können. Eine geplante Ausstellung in der Kunsthalle war nicht mehr möglich, denn bereits ein Jahr zuvor war eine Ausstellung Werner Bergs im Kölner Kunstverein als „nicht dem gesunden Volksempfinden entsprechend“ auf Anordnung der Reichskunstkammer polizeilich gesperrt worden. Dennoch war das Bild 1936 noch in einem das Schaffen Bergs würdigenden Bericht in der Zeitschrift „Die Kunst“ ganzseitig farbig abgebildet – eine für lange Zeit letzte, so trotzige wie vergebliche Würdigung des jungen Malers. Schon im Jahr darauf wurden Bergs Bilder aus deutschen Museen beschlagnahmt, in der verfemenden Ausstellung „Entartete Kunst“ in Hamburg und Wien gezeigt und anschließend vernichtet. Der Käufer konnte das Bild über diese dunkle Zeit retten.

Der weiße Nebel des Abendliedes ist in diesem Werk zur schneebedeckten Winterlandschaft geworden, über der gerade der Mond aufgeht. Hell leuchten einzelne Sterne. Suggestiv verdichtend vereint das Werk alle für Bergs Schaffen charakteristischen Eigenschaften: die Nacht, den Winter, den Mond als zeitgebendes Gestirn, den Hügel, den Baum und ein Gehöft. Wegspuren teilen die verschneite Fläche. Die einfachen Gegebenheiten stehen exemplarisch sowohl für Bergs selbstgewähltes Leben auf seinem entlegenen Hof, wie auch für das menschliche Schicksal. Klarheit, Kälte und Einsamkeit bestimmen die existentielle Situation, in der die Gestirne wie eine ferne Hoffnung leuchten.

Wieland Schmied schreibt: „Winter bei Werner Berg! Der Winter ist die Jahreszeit, in der die Dinge zu sich selbst finden und unter der Schneedecke ihre Form wie eine erstarrte Geste darbieten. Alles wird hier exemplarischer. Abgeschiedenheit und Einsamkeit werden größer, Besinnung und Konzentration intensiver. Der Rutarhof ist eingeschneit, schwere Schneelast drückt die Dächer, deckt Brunnen, Bänke und Zäune, biegt Äste und Sträucher. Die Natur schweigt und scheint doch Antwort zu fordern.  Alle Wege müssen neu gebahnt werden.

Es ist Nacht. Lange stehen wir im Atelier Werner Bergs über seine Holzschnitte gebeugt. Dazwischen stellt er immer wieder eines seiner Ölbilder auf die Staffelei, um zu zeigen, wie anders er dasselbe oder ein ähnliches Thema mit den Mitteln der Malerei gelöst hat. Viele, und viele seiner schönsten Bilder, sind im Winter entstanden und haben den Winter zum Motiv. Bilder, zuerst im Skizzenbuch oder im Gedächtnis festgehalten und dann immer wieder gemalt, bis griffige, gültige Chiffren erreicht sind.

Eine Eigenheit seiner Malweise, so scheint mir, kommt seinen Winterbildern besonders zugute: es ist die Kreidegrundierung, die er jeder Leinwand gibt, die die Farben ansaugt und matt leuchten lässt.“  

 


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Entstehungsjahr
1935

Werknummer
0144

Werkgruppe

Thema
Landschaft

Technik
Öl auf Leinwand

Maße
75 x 95 cm